Nach Quarantäne-, Einwanderungs- und Passkontrolle schoben wir uns weiter in Richtung Zoll, wo wir gerne einfach durch die grüne Tür gehuscht wären. Leider gab es keine solche. Stattdessen gab es aber einen vermummten Zollbeamten, der mich in aller Seelenruhe zum Inhalt meines Koffers befragte. Ich glaube, der Mann war noch nicht allzu lange beim Zoll. Er hatte noch so viele Flausen im Kopf.
Für sein kleines Fragespiel zückte er ein Buch mit bunten Bildern von allerlei seltenen Tieren, von Drogen, Waffen und derlei Gerümpel. Bild für Bild fragte er mich, ob ich so etwas in meinem Koffer hätte. Ich verneinte brav, konnte mir aber bei manchen Bildern das Schmunzeln nicht verkneifen. Schließlich war es ein echter Zufall, dass ich ausgerechnet dieses Mal ohne meine präparierte Schildkröte, meine Smith & Wesson und ohne die bunten Pillen mit den lustigen Bildern drauf reiste. Offensichtlich zweifelte der junge Herr stark am Wahrheitsgehalt meiner Aussage und wollte unbedingt auch noch in meinen Koffer hineinschauen. Wider Erwarten fand er nichts. Oder jedenfalls nichts von dem, was er so dringend suchte. Wahrscheinlich war er ohnehin nur ein bisschen neugierig, was eine wie ich so alles in ihrem riesigen Koffer mit sich herumschleppt, wenn schon keine Schusswaffen, Drogen oder ausgestopften Tiere.
Als seine Neugier befriedigt war bedankte sich der junge Herr brav und entließ mich samt Gepäck in die Fremde, Tokio. Hatte ich vorher noch leise Zweifel gehegt, dass ich gut und sicher in meinem Hotel ankomme, kannte ich die Tokioten wirklich schlecht. Vom Ausgang stolperte ich fast über den Schalter der „Friendly limousines“ und von dort nach dem Fahrkartenerwerb dann gleich weiter zum richtigen Busterminal. Ich hatte nicht den Hauch einer Chance, mich zu verlaufen. Der Bus war einer von denen, die nacheinander verschiedene große Hotels in einem bestimmten Areal anfuhren und es lief wirklich alles wie geschmiert. Die selbstgeklöppelten Kopfstützenbezüge vermittelten ein Gefühl von Heimat. Die Busfahrt zum Hotel dauerte rund anderthalb Stunden. Zeit genug, einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen. Ein Eindruck, der mich leider alles andere als euphorisch stimmte. Betonwüste, so weit das Auge blicken konnte. Und dazwischen Straßen, gleich auf mehreren Etagen. Etwas Liebreizendes vermochte ich nicht zu entdecken, so sehr ich auch danach suchte. Dass die in Tokio ein Platzproblem haben, das war mir ja schon mal untergekommen. Aber dass ganz Tokio ein einziges Platzproblem ist, das hätte ich so nicht vermutet. Ich schob es auf meine Müdigkeit.
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Also bitte, meine Liebe, Ich darf Dich zitieren: „Etwas Liebreizendes vermochte ich nicht zu entdecken, so sehr ich auch danach suchte.“ Ja sage mal – hattest Du auch keinen Spiegel mit? Oder ist der bei dem jungen Mann geblieben, der noch so viele Flausen im Kopf hatte?
Übrigens fällt mir auf: Es gibt mehr Leute, die sich für Dirndl interessieren als für asiatische Speisen. Umso besser – da darf ich exklusiv genießen.