Asiawoche, Teil X: Der zweite Hauptgang (Peking-Ente)

der-zweite-hauptgang1Liebe Flughafendurchsagensprecher, Flugkapitäne und Stewardessen: Es gibt übrigens Informationen, die der gemeine Flugängstling nicht unbedingt haben möchte! Dazu gehören sowohl die Aufforderung, vor dem Flug noch einmal die Toilette aufzusuchen, da dies während des Fluges möglicherweise nicht durchführbar sein wird sowie auch die Ansage, dass man aus ähnlich erschütternden Gründen den Snack vorsichtshalber vor dem Abflug bereits auf dem Boden servieren wird. In die Reihe passt übrigens auch der Hinweis, dass sich der Abflug wegen technischer Schwierigkeiten bis auf Weiteres verzögern werde.

Natürlich wurde mein Flug von Tokio nach Beijing von einer solchen Ansage eingeleitet, die bedrohlich durch die Flughafenlautsprecher schallte. Gemeint waren zwar die Passagiere eines Fluges nach Shanghai, aber da Shanghai nun auch irgendwie in China liegt, fühlte ich mich gleich mit angesprochen und leerte prophylaktisch –sicher ist sicher– eine halbe Flasche meiner geliebten Notfalltropfen. Meiner daraus resultierenden Fahne nach zu urteilen mussten mich die Stewardessen bereits beim Betreten des Flugzeuges für im höchsten Maße alkoholkrank halten –es war ja nicht mal 10:00 Uhr morgens- aber zurückhaltend und höflich wie die Japaner sind, ließen sie sich nichts anmerken. Stattdessen hätschelten und tätschelten sie mich.

Während ich den Start noch als „piece of cake“ einstufen würde, verlief der restliche Flug ganz und gar nicht nach meinen Vorstellungen: Wir wackelten uns von Tokio nach Beijing. Wie üblich verlieh ich meiner Unzufriedenheit mit dieser Situation durch eine konsequente Verweigerung jedweder Nahrungsaufnahme Ausdruck. Die Stewardessen schauten höflich besorgt oder umgekehrt und fragten in 5-Minuten-Abständen bei mir nach, ob sie mir nicht doch langsam mein Essen servieren dürften. Irgendwann zwang ich mich, einen trockenen Muffin und ein Glas Wasser anzunehmen – ich bin ja schließlich kein Unmensch.

Um mich zu beruhigen starrte ich während des gesamten Fluges wie gebannt aus dem Fenster. Kann man eigentlich mit der minutiösen Observation verschiedener Wolkenformationen von oben ein Zubrot verdienen? Irgendwann waren die Wolken dann weg und zu meiner großen Freude konnte ich die chinesische Mauer von oben sehen. Erstaunlicherweise verläuft sie mitten durch Korea, wie mich das kleine Flugzeug auf dem großen Bildschirm vor mir lehrte. Ich kann mir gut vorstellen, dass die einstiegen Bauherrn im ekstatischen Eifer des Gefechtes einfach über das Ziel hinaus geschossen waren und bei den nordkoreanischen Freunden weitergebaut hatten. So etwas kommt doch in den besten Kommunismen vor!

Irgendwann hatte das Gewackel ein Ende. Es muss wohl im Moment der Landung gewesen sein. Ich war ganz schön aufgeregt, als ich in Beijing dem Flugzeug entstieg – das war mein erstes Mal im Land der begrenzten Möglichkeiten und ich hatte keine Ahnung, wie sich das alles wohl am Ende für mich anfühlen würde. Erstaunlicherweise fühlte sich schon der erste Schritt auf pekinesischem Boden weniger fremd an, als dies in Tokio der Fall gewesen war. Der Flughafen entpuppte sich als ein modernes, helles Gebäude mit viel Glas und Stahl und ich schämte mich ein wenig, dass ich wohl eher eine morsche Holzhütte erwartet hatte. Die chinesischen Grenzer und Zöllner waren nicht merkwürdiger als ihre japanischen Kollegen und alles in allem verlief der Einlass in das Land, über das ich eigentlich gar nichts wusste, sehr sanft und ohne besondere Vorkommnisse. Auch die Toiletten waren Toiletten, waren Toiletten, waren Toiletten….

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Bild: Nocturne / Flickr

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