Mein Tassenschrank ist wie ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt dort große und kleine, dicke und dünne, schöne und weniger schöne Tassen. Manche sind kunterbunt, andere haben nur eine einzige Farbe. Die meisten haben einen Henkel, aber einige müssen irgendwie ohne zurecht kommen. Dass sie sich in ihren äußeren Merkmalen unterscheiden, ist in einer servicefreien Tassenansammlung nicht weiter ungewöhnlich. Aber bei den Äußerlichkeiten hören die Unterschiede nicht auf: Meine Tassen haben Persönlichkeit! Von Wahnsinn bis hin zu Genius ist alles vertreten. Und im weiten Feld dazwischen tummeln sich kleine Marotten, große Ticks und eine Menge komplexer Absonderlichkeiten.
Mit den meisten Befindlichkeiten lässt es sich recht einfach umgehen. So verziehen sich die Schüchternen in die hinteren Schrankecken und sind nicht böse darüber, dass sie allenfalls bei Kaffeeklätschen (Mehrzahl von Kaffeeklatsch, selbstgebastelt) oder größeren Familienfesten zum Einsatz kommen. Die Poser, die ohne Aufmerksamkeit zu Porzellanstaub (i.e. 50%Kaolin, 25%Quarz & 25%Feldspat) zerfallen würden, stehen hübsch zurecht gemacht in der ersten Schrankreihe und warten auf ihren großen Auftritt.
Um den Platz in der ersten Reihe müssen die Posertassen gelegentlich mit den Kamikaffeetassen streiten. Deren Taktik ist, ihre wohlgeformten Six-Pack-Bäuche ganz dicht an die Tür zu pressen, um jederzeit bereit zu sein, sich dem überraschten Türöffner todesmutig entgegen zu schleudern. Die Masche zieht und die Kamikaffeetassen sind eigentlich ständig auswärts unterwegs. Dass die ein oder andere von ihnen diese Spielchen schon mit dem Leben bezahlen musste, nehmen die Abenteurer billigend in Kauf. No risk, no fun.
Aber neben den Tassen, deren größte Sorge es ist möglichst viel oder möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gibt es auch Tassen, die echte Probleme haben. Die kleine Käfertasse ist ein solch schwieriger Fall. Zu ihrem großen Leidwesen verträgt sie überhaupt keinen Kaffee und auch von Tee wird ihr eigentlich immer schlecht. Im Leben einer Tasse ist so etwas eine echte Herausforderung! Zu allem Überfluss hat sie auch vor Flüssigkeiten, die ihr vielleicht sogar bekommen würden, im Grunde ihres Herzens eine Heidenangst. (Man vermutet, dass sie als junge Tasse über Wochen hinweg in der Spülmaschine vergessen wurde und dadurch traumatisiert ist.) Wirklich das einzige, das sie zum einen gut vertragen kann und vor dem sie sich zum anderen kein Stück fürchtet ist Pudding, genauer gesagt Vanillepudding.
Aber seit sie sich jüngst bei einer spontanen Puddingattacke der Türöffner ganz hervorragend und zur Zufriedenheit aller Beteiligten geschlagen hat, wurde sie inzwischen zur einzig wahren Puddingbrumsel des Schrankes befördert. Die Kleine muss nun also nie wieder in Flüssigkeiten machen! Und im Schrank sind Ruhe, Ordnung und Seelenfrieden bis auf Weiteres wieder hergestellt…
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Pudding könnte ich jetzt auch schnabulieren. Mit Erdbeeren.
@Puppe Du bist momentan in einer ganz schönen Schnabulierlaune, wenn ich das mal so sagen darf. Und nachher kommt der große Katzenjammer & wir müssen die geschundene Seele massieren. Immer dasselbe ist das. ;-)
Pudding mit Erdbeersoße – hmmmm! Ja, das wär’s. – Der große, alte Partylöwe würde sich über deine Käfer-Tassen-Geschichte freuen, da bin ich mir sicher. Schade, daß die Aktion morgen zu Ende geht, deine Erzählungen könnte ich täglich lesen… Und das will ich auch, wenn du mir bitte erlaubst, dich in meinen Blogroll aufzunehmen.
Moment mal, ich glaube, ich habe sogar noch ein Päckchen Puddingpulver im Küchenschrank. Und Milch. Ich geh jetzt Pudding kochen….
Liebe Grüße!
Klar darfst Du ich aufnehmen :) Ist doch eine Ehre für mich!
Mellcolm, schöne Geschichten machst Du!
@Danke vielmals. Ich freue mich, wenn es gefällt!