Die wunderbare Reise der kleinen Mellcolm mit den Wildfängen – Tjörn <3

Ein Schwede unseres Vertrauens hat uns für die Westküste ein paar Tipps mit auf die Reise gegeben, denn er kennt diese aus Kindheitstagen wie seine Westentasche. So ausgerüstet führt uns der Weg ins rund 100 km entfernte Skärhamn, wo wir spontan einen sympathisch klingenden Campingplatz ausmachen. Vor der schwedischen Westküste wimmelt es nur so vor Inseln und da vor allem die größeren von ihnen über Brücken mit dem Festland verbunden sind, weiß man nicht immer sofort, ob man sich gerade auf einer Insel oder auf dem Festland befindet. Skärhamn liegt zum Beispiel auf der Insel Tjörn, an die ich im Laufe unseres Aufenthaltes mein Herz verlieren werde.

Da unsere heutige Fahrzeit nur knapp anderthalb Stunden beträgt, sind wir früh dran und entscheiden uns für einen mittäglichen Zwischenstopp im Sundsby Gårdscafé, das sich dem vollen Parkplatz nach zu urteilen bei den Schweden großer Beliebtheit erfreut. Wie so oft mit unserem Riesenschiff ist die Parkplatzsuche allein schon ein Abenteuer, aber eines, dass wir am Ende aber immer erstaunlich gut meistern.

Eigentlich wollen wir im Restaurang etwas Ordentliches zu Mittag essen, aber das ist einigermaßen überfüllt und man sagt uns, dass wir mindestens 40 Minuten aufs Essen werden warten müssen. Eine Wartezeit, die mit zwei kleinen Kindern in einem Restaurant schier unüberwindbar scheint. Aus der Not heraus entscheiden wir uns also mal wieder für Kuchen, denn den kann man gleich aus der Kuchentheke heraus mitnehmen. Wie immer schmeckt er ganz hervorragend. Und es war halt ein Notfall, wir hatten gar keine andere Wahl.

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen

Vollgestopft mit Kuchen geht es weiter zum Campingplatz. Kurz vor den Toren bricht bei mir eine leichte Panik aus: Was wenn mir auch dieser Platz nicht zusagt und ich wieder die Spaßbremse geben muss? Glücklicherweise überrascht uns der Campingplatz Hav & Logi auf Anhieb positiv. Der Platz ist sehr neu, modern und sauber, nicht besonders groß und schmiegt sich wie sein Vorgänger in die umliegende Felslandschaft. Da er aber HINTER den Felsen und nicht AUF ihnen liegt, ist er gut windgeschützt und insgesamt einfach etwas weniger Hell’s Angels. Kurz: Hier gefällt’s mir.

Weil das Servicehaus des Campingplatzes nur einen Steinwurf von unserem Platz entfernt ist und uns der Küchen- und Aufenthaltsraum so außerordentlich freundlich anlacht, entscheiden wir uns, heute unser opulentes Abendessen dorthin zu verlagern. Der große Kleine Herr wird später sagen, dass es sich dort auch vortrefflich beim Memoryspiel gewinnen lässt.

Am nächsten Morgen tun wir etwas für uns wirklich ungewöhnliches und nie zuvor da gewesenes: Wir machen einen Tagesausflug mit dem Wohnmobil von dem aus wir am Abend auf denselben Campingplatz zurückkehren werden. Wegen der Umstände, die das macht und die viel größer aussehen, als sie eigentlich sind, sind wir vorher irgendwie nicht auf die Idee gekommen. Zunächst fahren wir zur antiken Grabstätte „Pilane“ die in den Sommermonaten internationalen Bildhauern als Ausstellungsfläche für ihre Skulpturen dient. Ich habe es ja mehr mit Malerei als mit Bildhauerei, aber ich muss gestehen, dass mich „Anna“ von Jaume Plensa dann doch umgehauen hat. Wie dieser große, weiße Frauenkopf aus dem Pilane-Hügel ragt und über den Bäumen schwebt beeindruckt mich so sehr, dass ich das Bild jetzt für den Rest meines Lebens im Kopf haben werde. Ohne jeden Zweifel.

Vergessen werde ich wohl auch niemals, wie der Mann sich abmüht, den kleinen Kleinen Herrn im Fahrradanhänger den Berg hoch und wieder runter zu bugsieren. <3

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen

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Es braucht eine ordentliche Tasse Kaffee und ein paar köstliche Leckereien im Pilane Gårdscafé, um die soeben gewonnen Eindrücke zu verarbeiten und um den Teamfrieden aufrecht zu erhalten.

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen
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Foto: Philippe Wyssen

Nächstes Ziel unseres Tagesausflugs ist ein Aussichtspunkt in der Nähe von Rönnäng, den wir dann aus kinderlogistischen Gründen doch nicht erklimmen. Stattdessen entdecken wir zufällig den kleinen Ortsstrand und sind sofort von dessen Niedlichkeit angetan.

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen

Weiter geht die Fahrt in den Ort Skärhamn, der sich über seinen wundervollen Hafen und sein hervorragendes Eis gleich für immer in meinem Herzen einnistet. An diesem Tag ist es endgültig um mich geschehen: Ich möchte ein Holzhaus mit Meerblick auf Tjörn, komme was da wolle. Dieser Wunsch gilt ab sofort und ist alternativlos.

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen

Abends erklimmen der Mann und der große Kleine Herr die Felsen, um den Sonnenuntergang anzusehen. In den Erzählungen des Mannes klingt es wie ein gemütlicher Abendspaziergang. Da mir sowohl Spaziergänge als auch Sonnenuntergänge gut in den Kram passen, beschließe ich, es ihnen gleich zu tun und begebe mich auf eigene Faust auf die Felsen. Klar, dass ich mich auf meinen nicht vorhandenen Orientierungssinn wieder voll verlassen kann und einigermaßen planlos dort oben umherirre, während die Sonne immer weiter untergeht. Die Aussicht ist unglaublich schön, kann mich aber nicht von meiner Orientierungslosigkeit ablenken. Nach einigen missglückten Ansätzen, finde ich schließlich einen Weg nach unten. Der erfordert allerdings eine einigermaßen waghalsige Kletterei, die mir durchaus den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Alles nichts gegen das „Lost“-Remake, das dort oben auf den Felsen in meinem Kopfkino ablief.

Foto: Philippe Wyssen
Foto: Philippe Wyssen

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