Lektüre im ersten Lebensjahr

Ähnlich wie für Schwangerschaft, gibt es auch für den Start ins Leben mit Kind zahlreiche Bücher, die einem von Freunden empfohlen werden, die man geschenkt bekommt oder über die man einfach so stolpert. Viele davon sind angeblich Klassiker, die in keinem Elternhaushalt fehlen dürfen.

Da ich ein großer Fan von Büchern bin und mir durch die einschlägige Literatur Orientierung in meinem neuen Leben erhoffte, ergab ich mich gerne dem Sammeltrieb und begann, Bücher „rund ums Baby“ zu horten.

Gestehen muss ich gleich, dass ich in einige davon nur einmal schaute und dass andere bisher gänzlich unbeachtet blieben. Ein paar jedoch, nehme ich seit der kleine Herr da ist, immer wieder zur Hand. Welche das sind, möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten. (Auch meine persönlichen Flops will ich mit Euch teilen, vielleicht kann ich Euch ja vor einem Fehlkauf bewahren, wobei das ja gerade bei Büchern wirklich oft Geschmacksache ist.)

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Das Baby-Buch, das ich bisher mit Abstand am häufigsten in der Hand hatte ist Babyjahre von Remo H. Largo. (Piper, 12,99 €). Obwohl Babyjahre wohl wirklich DER Klassiker ist, hat es doch ein paar Monate gedauert, bis ich darüber gestolpert bin.

Babyjahre von Remo Largo
Im Prinzip hat Largo zwar ein Erziehungsbuch geschrieben, aber über diesen Aspekt habe ich von Anfang an großzügig hinweg gesehen. Viel interessanter als die Ratschläge, was man wann wie machen kann, um das Kind in seiner Entwicklung bestmöglich zu fördern, fand ich die Übersicht über die verschiedenen Entwicklungsschritte, die Largo nicht nur nach Altersgruppen sondern auch nach Themengebieten (z.B. Motorik, Schlafverhalten, Essen und Trinken, etc.) ordnet. Untermauert von vielen statistischen Daten, findet man hier einen guten Überblick, wann grob (!) welche Entwicklungsschritte anstehen und in welcher Reihenfolge sie sich in der Regel vollziehen. Da jedes Kind in seiner Entwicklung einzigartig ist, sollte man solche Bücher jedoch weder als Checkliste („been there, done that, got the T-shirt“) noch als Rechtfertigung für das große Mütterduell („Mein Kind kann schon _ _ _ , Deins etwa noch nicht?“) sehen. Auch wenn mein kleiner Herr in vielerlei Hinsicht anders war, als das von Largo beschriebene Durchschnittskind, hat mir das Buch schon jetzt das oft geholfen, anhand von kleinen Indizien festzumachen, was der kleine Herr wohl als nächstes entwicklungstechnisch ausheckt. Und es hat mir geholfen, den Kleinen ein bisschen besser zu verstehen. Allein dafür hat Babyjahre meiner Meinung nach schon mindestens eine Goldmedaille verdient.

Etwas weniger wissenschaftlich, aber nicht weniger hilfreich ist Papas heimlicher Favorit:  Das Baby: Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung. (Sansoussi, 12,90 €)

Das Baby: Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung.

Auch wenn das Buch sowohl im Titel als auch in er Aufmachung zunächst mehr wie ein Scherzartikel daher kommt, gelingt es ihm doch, in kompakter und unterhaltsamer Form wichtiges Wissen zu vermitteln. Wer das Buch aufmerksam studiert, hat – auch dank der zahlreichen tollen Illustrationen – am Ende einen ziemlich guten Überblick, wie der Neuankömmling richtig zu warten, aufzubewahren und zu versorgen ist. Und da die Lektüre wirklich kurzweilig ist und man viel Gelegenheit zum Schmunzeln bekommt, finde ich das Buch wirklich empfehlenswert.

FLOP

Ein Buch, an dem man wohl auch nicht vorbei kommt, wenn man die (Baby-)Welt nicht versteht und sich ratsuchend an Google wendet, ist Oje, ich wachse. (Goldmann, 10,99 €).

Oje, ich wachse

Der kleiner Herr hat in den ersten Monaten doch sehr viel geweint und ich wusste oft nicht mehr ein und aus und da war ich nur froh, dass im Internet von vielen Leuten behauptet wurde, dass das Buch mir die ersehnten Antworten geben könnte. Anfangs habe ich das Buch recht oft in der Hand gehabt und mit viel Hin- und Herrechnen haben die bemerkbaren Veränderungen sich auch irgendwie der Schubtheorie der Autoren zuordnen lassen. Wirklich geholfen hat mir das aber dennoch nicht – vielleicht hatte ich mir aber auch einfach zu viel erhofft. Die Checklisten am Ende eines jeden Schubes fand ich sogar mehr als merkwürdig: Was wenn hier nicht genügend Häkchen setzen kann? Muss ich mir dann (neben allem anderen) am Ende noch Sorgen um die zeitgemäße Entwicklung meines Kindes machen? Das wurde mir dann doch zu viel und ich fand auch nicht, dass die Kapitel inhaltlich viel zu bieten hatten und dass sie sich zu großen Teilen wiederholten. Aus meiner Sicht also definitiv kein Kauftipp!

Ein Buch, mit dem ich auch überhaupt nichts anfangen konnte, war Das glücklichste Baby der Welt von Harvey Karp, das dummerweise von allen Seiten sehr gelobt wird. (Goldmann, 9,99 €)

Das glücklichste Baby der Welt

Das Buch richtet sich vor allem an Eltern, die Schwierigkeiten haben, ihr Kind zu beruhigen. Damit traf Karp also zunächst mal bei mir absolut ins Schwarze und auch die persönliche Empfehlung einer anderen „betroffenen“ Mutter machte mir Hoffnung. Laut Karp lässt sich mit seiner „5-S-Methode“ jedes noch so unruhige Kind im Handumdrehen beruhigen und zum Schlafen bringen. Im Einzelnen sind das: Strammes Einwickeln, Seiten-/Bauchlage, Sch-Beruhigungslaut, Schaukeln, Saugen – und zwar in genau dieser Reihenfolge. So sehr ich hoffte, damit mein Problemchen in den Griff zu bekommen, so wenig funktionierte die Methode bei uns.

Es fing damit an, dass weder der kleine Herr noch ich von der Idee des Puckens sonderlich angetan waren. Dass das wohl am Anfang „normal“ ist, half mir nicht. Der Zwerg weinte und genau das wollte ich ja eigentlich verhindern. Und dann diese Seiten-/Bauchlage-Geschichte. Ich hatte Angst vor SIDS und Karp empfahl genau das zu tun, was ich wegen SIDS eigentlich nicht tun sollte. Schwierig. Mit meinen verzweifelten Sch-Lauten drang ich ohnehin nie zu meinem weinenden Baby durch. Schaukeln half, saugen auch, aber beides immer nur für den Moment.

Vielleicht glaubte ich nicht genug an Karps-Methode, vielleicht behagte mir einfach auch dieses Gefühl das Kind „abstellen“ zu können nicht so richtig. Jedenfalls schaffte es das Buch nur auf meine Flop-Liste.

Vielleicht habt ja auch Ihr einen Buchtipp fürs erste Lebensjahr, den Ihr unbedingt weitergeben möchtet oder möchtet andere vor einem Fehlkauf bewahren. Ich freue mich über jeden Tipp und jede „Warnung“!

10 Kommentare

  1. „Oje ich wachse“ haben wir (damals) eigentlich als hilfreich empfunden als nicht mehr ganz junge Ersteltern. Hat oft ganz gut gepasst mit den „Sprüngen“.
    Das ist kein Werk mit wissenschaftlichem Anspruch, eher mit einem kleinen Augenzwinkern.

    1. Hallo Volker. Mich störte wirklich, dass im Prinzip jedes Kapitel gleich anfängt, so als wäre das Buch zum großen Teil mit „copy und paste“ geschrieben worden. Und eben diese vermaledeiten Checklisten, so als gäbe es Prototypenkinder. Aber ich weiß natürlich auch, dass viele Eltern auf das Buch schwören.

    1. Ja. Wer hätte das gedacht? Es ist eben gelungen, die Mischung aus „Klamauk“ und richtiger und wichtiger Information ausgewogen zu gestalten.

  2. „Oje, ich wachse!“ fand ich auch richtig schlecht – ich kann überhaupt nicht verstehen, warum das Buch so ein Bestseller ist! Die ständigen Wiederholungen und Oberflächlichkeiten, die dämlichen Checklisten und Zitate machen das Buch meiner Meinung nach unerträglich.

    Was ich sonst noch im ersten Baby-Lebensjahr gelesen habe? „Bringing Up Bebe – One American Mother Discovers the Wisdom of French Parenting“ – interessante und lustige Beobachtungen einer Amerikanerin, die mit ihren Kindern in Paris lebt. Fand ich unterhaltsam und kann es als „entspannte Erziehungs-Lektüre“ empfehlen.

    Außerdem habe ich mir noch „In Liebe wachsen“ von Carlos Gonzáles gekauft und darin ein bisschen was über „Attachment Parenting“ gelernt. Das Buch hat mir tatsächlich geholfen, mein Baby besser zu verstehen (warum sie viel schreit und besonders stark auf äußere Reize reagiert, warum sie nicht „alleine“ schläft, warum sie viel getragen werden will etc). Das Buch war alles andere als ein Fehlkauf.

    Schön, dass du ein neues Blog hast! :)

    Karen

    1. Lustig. Ich habe von einer Freundin das Buch „Why French children don’t throw food“ geschenkt bekommen, in dem es auch um „French Parenting“ geht. Ich habe es noch nicht zu Ende gelesen, daher taucht es hier nicht auf. Aber der Anfang ist wirklich super und lehrt Gelassenheit. „In Liebe wachsen“ werde ich mir auf jeden Fall mal ansehen“!

      Und Karen: Danke :)

  3. Ich empfehle die Bücher „Menschenkinder“ und „Kinder verstehen“ von Herbert Renz-Polster. Neben Largos „Babyjahre“ meine Favoriten!

  4. Ich stimme Deiner Empfehlung von Largo absolut zu, Deiner Ablehnung von Ohje ich wachse, ebenso. Unterm Strich ist dort doch alles immer ein Wachstumsschub und hilft mir als Mama überhaupt nicht weiter.
    Besonders die Gelassenheit und eben nicht die starre Einbindung in gewisse Zeitfenster der Entwicklung, empfinde ich bei Largo so hilfreich. Und selbst als „Fachfrau“ für Sprachentwicklung kann ich in diesem Buch noch das ein oder andere wieder nachschlagen bzw. lernen. ;o)

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