Mugs & Moritz: Teil VI

mochtegerntasseMeine Nummer sechs: Von einer, die auszog, um eine ganz große Tasse zu werden

Ihr Vater war ein Billigfuselflachmann (no name), ihre Mutter hatte einen Minijob als Zahnputzglas in einem drittklassigen  Stundenhotel. Zum leben zu wenig, zum sterben zu viel. Schon früh musste sie lernen, was es heißt aus dem Altglascontainer zu kommen. In der Schule wurde sie gehänselt. „Schaut, da kommt die Durchsichtige, die Henkellose,“ schallte es über den Schulhof. Insbesondere die Tassen – die meisten stammten aus intakten Services – machten sich über sie lustig. Als Teenager lernte sie verschiede Kerls kennen – allesamt Flaschen. Sie schwor sich, dieses elende Leben hinter sich zu lassen und es mal besser zu haben. Sie hatte einen Traum. In einem edlen Café arbeiten und den vornehmen Gästen ihren frisch gebrühten, heissen Kaffee servieren – das wollte sie. Natürlich hatte sie keinen Henkel und kam recht unverhüllt daher. Auch hatte sie keine hübsche Lasur, keine Schnörkel, keinen bunten Muster. Aber sie hatte Mut und Selbstvertrauen und zweifelte nicht einem Moment daran, dass sie alles erreichen konnte, was sie wollte.

Sie ging einen langen, steinigen Weg. In einem schmutzigen Geschäft. Und musste stets auf der Hut sein, dass sie an den Strapazen ihres Jobs nicht zerbricht. Aber dann kam der Tag, an dem ihre Anstrengungen Früchte trugen. Ihr Traum wurde wahr. Man bot ihr einen Job in der Königsdisziplin an: latte macchiato. Endlich war sie am Ziel.

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